Engel

 

Maria saß einsam in ihrer Lieblingsbar und starrte auf ihr Glas. Fassbrause. Sie trank sonst nie Fassbrause. Ingolf, der Barkeeper wunderte sich auch. Eigentlich hatte sie sich etwas Stärkeres bestellen wollen. Aber wenn sie jetzt Hochprozentiges tränke, liefe es darauf hinaus, dass sie sich betrank. Und ein Kater war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte.

Maria lebte allein, seit sie sich an ihr Dasein als erwachsener Mensch erinnern konnte. Sie hatte schon die eine oder andere Beziehung gehabt. Aber das waren nur Episoden in ihrem Leben. Sie lebte allein und das war in Ordnung. Aber hin und wieder fühlte sie sich einsam. Kein Freund konnte ihr das nehmen. Sie hatte jeden Tag mit irgendwelchen Tragödien zu tun. Die meiste Zeit kam sie damit klar. Aber es gab immer wieder Momente, da sie sich auf verlorenem Posten fühlte. So wie an diesem Mittwoch.

Die Menschen, denen sie half, nannten Maria immer wieder einen Engel. Eine ältere Dame hatte sogar einmal gesagt, sie trage ihren Namen zu Recht.

Maria blickte auf, hielt ihr leeres Glas in die Höhe. Nur Sekunden später stellte Ingolf ihr ein volles auf den Tisch.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Du scheinst Dich heute mit Fassbrause betrinken zu wollen.“

Ingolf hatte manchmal einen seltsamen Humor. Aber Maria mochte ihn. Ingolf war ein netter Kerl und sein staubtrockener Humor brachte sie jedes Mal zum Lachen. Nur heute funktionierte es nicht.

„Ja“, antwortet Maria. Nach einem Augenblick sagte sie aber etwas schuldbewusst: „Nein eigentlich nicht. Ist einer dieser seltsamen Tage heute. Mach Dir keine Sorgen. Geht wieder vorbei.“

Ingolf hatte so seine Zweifel, beließ es aber dabei. Er ging hinter die Bar und stellte schon mal eine neue Flasche Fassbrause in den Kühler.

***


„Ist hier noch frei?“ Maria blickte auf. „Ich möchte nicht stören“, sagte der Mann, der vor ihr stand, „aber sonst scheint hier alles besetzt zu sein.“

„Klar, kein Problem“, antwortete Maria müde. Der junge Mann, hochgewachsen, breitschultrig mit blonden kurzen Haaren und grasgrünen Augen setzte sich, stellte sein Glas auf den Tisch. ‚Seltsam‘, dachte Maria, als sie sah, was in dem Glas war, ‚Milch? Ein erwachsener Mann kommt in eine Bar und bestellt Milch?‘

Eine Weile saßen beide stumm da, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken. Irgendwann konnte Maria nicht anders. Sie musste die Milch einfach hinterfragen. Also brach sie die Stille am Tisch.

„Sie trinken Milch?“

„Und Sie Fassbrause“, entgegnete ihr Gegenüber lächelnd, „Einen Kater wird morgen früh wohl keiner von uns haben.“

„Wohl wahr.“ Das erste Mal an diesem verdammten Mittwoch spürte Maria, dass sie lächeln musste.

„War ein harter Tag heute“, meinte der blonde Jüngling. Warum sie auf einen blonden Jüngling kam, war Maria nicht ganz klar. Aber er war blond und schien irgendwie nicht alt zu sein.

„Harter Tag? Muss am Tag liegen.“ Eigentlich hatte Maria eine ruhige Ecke gesucht. Einen Platz nur für sich. Um allein, nein um etwas einsam zu sein. Stattdessen unterhielt sie sich mit einem Wildfremden darüber, wie der Tag war.

„Ihrer auch?“, fragte der Mann, „Stress im Büro?“

„So ähnlich.“ Maria verspürte kein Bedürfnis, über die Tragödien zu erzählen, die sie täglich erlebte. Menschen, die sich nicht selbst helfen konnte. Menschen, deren Leben gerade in einen Abgrund gestürzt war. Menschen, die plötzlich schwer erkrankten. Frauen, deren Mann, Kinder, deren Vater plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kam. Alte Menschen, deren Kinder sich lieber um ihre Karriere kümmerten statt um die eigenen Eltern. Mütter, deren Söhne in ein fremdes Land geschickt wurden und nicht wiederkamen.

„Ich trinke an solchen Tage gerne ein Glas Milch“, erzählt der Blonde. „Klingt vielleicht blöd, aber es hilft mir, ein bisschen zu entspannen.“

Maria trank aus und winkte Ingolf zu, der gerade an ihrem Tisch vorbeiging.

„Noch 'ne Brause?“, stellte der Barkeeper mehr fest, als er fragte.

„Ein Glas Milch“, korrigierte Maria, über Ingolfs verwirrtes Gesicht schmunzelnd.

„Sehen Sie“, meinte Marias Tischbekanntschaft lächelnd, „So etwas meine ich zum Beispiel. Auch wenn es nicht die Milch selbst ist, die sie aufmuntert – Sie mussten zumindest über den verwirrten Gesichtsausdruck des Barkeepers lächeln. Ist ein Anfang, um sich besser zu fühlen.“

Maria musste zugeben, dass er recht hatte. Allmählich schien die Schwere des Tages, die Last ihrer Arbeit nachzulassen.

„Was machen Sie beruflich?“, fragte sie kurzerhand, um das Gespräch am Laufen zu halten. Vielleicht könnten sie sich gegenseitig helfen, diesen Mittwoch zu verarbeiten.

„Ich bin eine Art … na ja, sagen wir, ich bin eine Art Therapeut.“

„Eine Art Therapeut?“ Zwei mit so ähnlichen Berufen an einem Ort? Beide mit einem bescheidenen Tag im Rücken? War das Zufall oder hatte da jemand seine Finger im Spiel.

„Ich helfe Menschen, sich selbst zu helfen. Ähnlich wie Sie.“

Maria war verwirrt. „Woher wissen Sie …“

„Ich sah Sie neulich bei meiner Nachbarin. Frau Wagenhäuser. Arme Frau. Niemand sollte sein eigenes Kind überleben müssen.“

„Oh … Ich dachte, einen Augenblick, sie würden mir nachspionieren.“

„Nein, tue ich nicht. Obwohl es sich vielleicht lohnen würde, Ihnen nachzulaufen.“ Ein verschmitztes und verspieltes Grinsen stahl sich in sein Gesicht. Der Mann flirtete mit Maria. Es tat gut. Warum nicht ein bisschen flirten. So was bringt einen auch auf andere Gedanken. Aber zu leicht darf man es den Männern nicht machen.

„Hmm“, entgegnete sie deshalb, „Sie scheinen ja ganz nett zu sein. Aber es gibt Leute in meinem Umkreis, die es Ihnen vielleicht übel nehmen würden, wenn Sie mir nachstellen.“

Beide lachten. ‚Also gut‘, dachte Maria, ‚Ich lasse mich auf den Abend ein. Mal sehen, wo er hinführt.‘

***


Ingolf brachte Maria ihre Milch. Der große Blonde trank aus und bestellte auch noch ein Glas.

„Was für Menschen in Ihrem Umkreis meinen Sie, die etwas dagegen haben könnten, dass ich Ihnen nachstelle?“, fragte er, als Ingolf wieder weg war, „Ihre Eltern, weil ihnen kein Mann gut genug ist? Ein Liebhaber, der eifersüchtig über Sie wacht? Die Mafia?“

Ein leises Lachen kam über Marias Lippen. „Die Mafia? Nein, so schlimm ist mein Umgang auch nicht. Ist schwer zu erklären.“

„Oh, keine Angst. Ich habe eine gute Auffassungsgabe. Vielleicht verstehe ich es ja wider Erwarten.“

„Nein, tun Sie nicht“, tat Maria das Thema lächelnd ab. „Sie würde mir nicht glauben, wenn ich es Ihnen erzählen würde.“

„Wissen Sie“, entgegnete der Blonde, „ich hatte heute beinahe einen Unfall. Ich fuhr bei Grün über eine Kreuzung. Auf einer vierspurigen Straße. Aus der Nebenstraße kam ein Auto. Die Ampel dort musste wohl rot gewesen sein. Um ein Haar bin ich einem Zusammenstoß entkommen. Der Fahrer des Wagens neben mir hatte weniger Glück. Der Mann aus der Seitenstraße behauptete selbst im Beisein der Polizei noch, er hätte ja Vorfahrt gehabt. Und er blieb straflos, weil er diplomatische Immunität besitzt. Vertrauen Sie mir: Ich bin heute bereit, eine Menge zu glauben. Aber ich meinte das eben mehr rhetorisch. Keine Angst, ich will sie nicht drängen, mir etwas zu erzählen, was Sie nicht erzählen wollen. Wenn es der Papst ist, der etwas gegen das Nachstellen hätte, wäre das genauso gut wie, wenn es ihr Ehemann ist. Es geht mich im Grunde nichts an.“

Es stimmte. Es ging ihn nichts an. Maria hatte auch keine Meinung, den Mann, so nett er war, über ihre Lebensverhältnisse aufzuklären. Zumindest nicht heute.

Sie schwiegen wieder. Der Blondschopf hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und wippte geistesabwesend mit dem Fuß zur Musik. Ein Lächeln umspielte seinen Mund. Maria hätte nicht sagen können, worüber er lächelte. Eine Erinnerung? Eine schmutzige Phantasie? Nun, das ging sie wohl nichts an.

„Gibt es einen Grund für Ihr Lächeln?“, fragte sie trotzdem. Einen Versuch ist es immer wert.

„Keinen bestimmten Grund. Nur die Leichtigkeit des Seins nach einem Tag, den ich lieber nicht gehabt hätte.“

Die Leichtigkeit des Seins … Maria wünschte sich, sie würde diese Leichtigkeit heute finden. Aber sie fand sie nicht. Ihre Gedanken kreisten um all die Dinge, die sie täglich erlebte. Ihre Gefühle waren in einer Welt des Chaos gefangen. Und das Tor zurück schien unerreichbar fern.

„Ich kenne solche Tage“, seufzte sie. „Ein Lügner, wer behauptet, sie nicht zu kennen.“

„Wohl wahr“, war die Antwort. Ein leises Lachen schwang in ihr mit. Kein Lachen, das irgendwelcher Belustigung entsprang. Eher eines, das ohne Worte sagte, was für Heuchler die Menschen doch sind. Maria sprach aus, was ihr Gegenüber hinter seinem Lachen verbarg. Die Menschen sind Heuchler. Sie zeigen immer, wie gut es ihnen geht. Niemand soll eine Schwäche bemerken. Jemand könnte diese Schwäche ausnutzen.

Und tatsächlich gab es genug Menschen, die sie ausnutzen würden. Menschen, die überteuerte Selbstfindungskurse verkaufen, damit der Mensch sein inneres Gleichgewicht wiederfindet. Diese Menschen schrecken auch nicht davor zurück, ihrem Tun auf unsinnige Weise einen wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen oder Religionen zu missbrauchen, an die sie selbst nicht glauben. Manche Menschen verkaufen sogar für viel Geld Bücher, die die Betroffenen lehren, wie sie Kontakt zu Engeln aufnehmen.

„Menschen, die vom Elend anderer leben“, erwiderte Marias Tischgenosse, „Leute, die die Not anderer ausnutzen. Ich kann solche Menschen nicht leiden. Geben sich so unglaublich hilfsbereit und gottgefällig.“ Der Mann lachte wieder leise, dieses Mal deutlich spürbar voll Sarkasmus. „So wie ich Gott verstehe, hat er nicht viel für solche Menschen übrig.“

Jetzt entfuhr auch Maria ein leises Lachen. Nicht ohne eine gewisse Belustigung. „In gewissem Sinne lebe ich auch vom Elend anderer. Sie auch, wenn ich sie richtig verstanden habe. Es steckt eine gewisse Ironie darin, dass wir uns über Menschen, die die Not anderer ausnutzen, aufregen. Ohne diese Not hätten wir keinen Job.“

„Nur dass Sie keine Gegenleistung erwarten. Nicht von den Betroffenen jedenfalls.“ Lächelnd fügte der Mann nach einer Sekunde hinzu: „Und wenn wir diesen Job nicht hätten, würde sich bestimmt jemand um uns kümmern. So würden wir den Lebensunterhalt anderer sichern.“

Maria blickte verdutzt über den Tisch. Ihre Stirn legte sich kurz in Falten, als ihr die Bedeutung der letzten Worte bewusst wurde, dann lachte sie lauthals.

Der Mann beobachtete Maria lächelnd. „Ihr Lachen klingt schön“, sagte er, als sich sie sich langsam beruhigte.

„Danke“, nahm Maria das Kompliment lächelnd entgegen. Sie fühlte sich plötzlich etwas leichter, als hätte das Lachen sie von ihrer Last ein Stück weit befreit. „Und Sie haben einen herrlich erfrischenden Humor.“

„Nunmehr danke ich Ihnen für Ihre netten Worte“, gab der große Blonde mit gespielt übertriebener Höflichkeit zurück.

Beide lehnten sich in ihren Stühlen zurück und widmeten sich wieder ihren eigenen Gedanken.

„Ihr Job macht Ihnen zu schaffen, habe ich recht?“, fragte der Mann plötzlich.

„Wie meinen Sie das?“ Maria war aus ihrer chaotischen Gedankenwelt aufgeschreckt. Die Frage hatte sie etwas überrumpelt.

„Ich spüre einen Hauch von Traurigkeit in allem, was Sie sagen.“

‚Oh, ein sensibler Mann!‘, dachte Maria, ‚Welche Seltenheit in der heutigen Welt.‘

„Ein bisschen“, antwortete sie traurig lächelnd. „Manchmal habe ich das Gefühl gegen die sprichwörtlichen Windmühlen zu kämpfen.“

Leuchtend grüne Augen trafen die ihren. ‚Seltsam‘, dachte sie, ‚Grüne Augen und blonde Haare gehören irgendwie nicht zueinander. Und doch scheint es bei ihm vollkommen natürlich zu sein.‘

„Ich weiß, es geht mich nichts an, und ich will mich auch nicht ungebeten in Ihr Leben einmischen. Aber wenn Sie mit jemandem reden möchten: Ich kann gut zuhören“, bot ihr der Mann an. „Manchmal hilft es zu wissen, dass jemand zuhört.“

Maria war einen Augenblick überfordert. Sie wusste, es war ehrlich gemeint. Aber noch nie hatte ihr ein Wildfremder seine Aufmerksamkeit angeboten.

„Wie gesagt: Es ist manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen. Ich sehe jeden Tag Tragödien. Frau Wagenhäuser zum Beispiel. Eben spielte sie noch mit ihrer Tochter Mensch ärgere Dich nicht, und am nächsten Morgen wird das arme Kind auf dem Schulweg von einem LKW erfasst. Männer lassen ihre Frauen mit den Kindern allein, Frauen lassen ihre Männer sitzen und ziehen mit den Kindern weg. Kinder kümmern sich lieber um ihre Karriere und schieben ihre Eltern, die ihnen einen großen Teil ihres Lebens geopfert haben, in Heime ab. Ich weiß, manchmal geht das nicht anders. Wenn man weit wegziehen muss, um überhaupt Arbeit zu haben, sehe ich das ein. Aber jemand, der nur 10 Minuten von seinen Eltern weg wohnt? All diese Menschen tun mir so leid. Das geht mir an die Niere, ja.“

„Und niemand würdigt das. Alle halten das, was Sie tun für selbstverständlich.“

„Nein, nicht alle“, erwiderte Maria. „Die Betroffenen, die Menschen, denen ich helfe, wissen es schon zu schätzen. Ich war heute in einer türkischen Familie. Diese Menschen behandelten mich fast wie eine Heilige. Die Familienvater liegt im Krankenhaus. Herzinfarkt. Die Frau und die Kinder haben sich so gefreut, dass jemand da war, der ihnen half. Jemand, dem sie auch einfach ihr Leid klagen konnte. Aber die … Mir fällt kein passendes Wort ein. Sagen wir die Außenwelt. Die Außenwelt hält es für selbstverständlich. Schließlich werde ich ja dafür bezahlt.

Es ist ja nicht ganz falsch. Aber man kann sein Geld auch auf andere Weise verdienen. Und nicht alles, was ich tue, gehört wirklich zu meinem Job.“

„Falls es Ihnen etwas bedeutet: Meine Nachbarin, Frau Wagenhäuser, meinte, als wir uns gestern unterhielten, Sie seien ein Engel. Und nach allem zu urteilen, was ich gerade von Ihnen gehört habe, danach zu urteilen, wie ich Sie hier heute erlebt habe, unterschreibe ich dies sofort. Aber auch Engel brauchen mal Hilfe.“

Maria blickte auf, sah dem Mann ins Gesicht. Sie war etwas verwirrt über den letzten Satz. Er hatte etwas in ihr berührt …

Die Lautsprecher in der Bar gaben gerade eine wunderschöne Rockballade zum Besten. Ein Lied zum Dahinschmelzen und in sich versinken.

„Verstehen Sie das jetzt bitte nicht falsch“, sagte Marias Tischgefährte mit einem gewinnenden Lächeln. „Würden Sie mit mir tanzen?“

***


Kurz vor Mitternacht verließen beide die Bar. Zwei erwachsene Menschen, die 5 Stunden in einer Bar saßen und trotzdem stocknüchtern sind, fand Maria eigentlich seltsam. Aber es war auch seltsam erholsam. Einfach nur dasitzen und reden. Von ganz alleine und aus freiem Willen. Nicht, weil der fünfte Wodka die Zunge so weit gelockert hatte

Der junge Mann begleitete sie bis zu ihrer Tür.

„Haben Sie noch Lust auf einen Kaffee?“, fragte Maria ein bisschen schüchtern.

„Das ist lieb von Ihnen. Aber nicht heute. Muss morgen früh nach München. Vielleicht treffen wir uns mal wieder. Sind sie öfter in der Bar?“

„Ja, hin und wieder“, antwortete Maria. Irgendetwas sagte ihr, dass München nur ein Vorwand war, dass dieser Mann einfach Gentleman genug war, eine Situation nicht auszunutzen. Wenn sie etwas zu sagen hätte, würden sie sich wiedersehen. Sie würde jedenfalls die Augen offen halten.

„Verraten Sie mir wenigstens Ihren Namen?“, fragte Maria lächelnd, „Meiner ist Maria.“

„Ich weiß“, kam die Antwort, „meine Freunde nennen mich Gabe.“

„Gabe? Ein interessanter Name.“ Maria gab Gabe einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht, Gabe. Danke für den Abend.“

In ihrer Wohnung angekommen ging Maria ans Fenster. Sie lies das Licht aus. Gabe sollte sie nicht sehen, falls er noch unten stand. Sie zog ihren Mantel aus. Weiße Flügel breiteten sich ein Stückchen aus. Die Menschen, die sie einen Engel nannten, wussten gar nicht, wie nahe sie der Wahrheit kamen. Maria sah aus dem Fenster. Gabe stand tatsächlich noch unten. Er blickte hoch, lächelte.

Dann breitete er seine Flügel aus und erhob sich gen Himmel. Seine Aufgabe war erfüllt. Aber er würde immer wieder nach diesem einen besonderen Engel schauen.