Späte Rache

 

Louis‘ Wecker klingelte halb fünf. Frühschicht. Louis hoffte, dass der Tag einigermaßen ruhig verläuft. Der Abend würde unruhig genug werden. Vor allem laut. Metallica waren in der Stadt. Sein Nachbar war zwar der Ansicht, Heavy Metal sei Teufelswerk, aber der Lärm, mit dem dieser Volksmusikfanatiker manchmal das Haus beschallte, war auch nicht gerade Gottes Werk.

Louis war Polizist. Ein echter Bulle, kein Streifenhörnchen. Und in reichlich einer Stunde musste er im Dienst sein. Also raus aus dem Bett, den Schalter an der Kaffeemaschine umlegen, zwei Scheiben Brot in den Toaster packen und im Bad verschwinden.

Als Louis zehn vor sechs das Revier betrat, wurde er schon erwartet. „Kannst gleich wieder rückwärts laufen!“ Devon Stanz, Louis Partner, zeigte in Richtung Tür.

„Was’n los?“

„Toter Bankier“, informierte ihn Devon. „Der Anruf ging vor einer halben Stunde ein. Ein Zimmermädchen fand ihn im Grand Central. Spurensicherung ist da, der Doc auch.“ Wunderbar. Das versprach, ein langer Tag zu werden. Die Chancen, pünktlich Feierabend zu haben, sanken.

***

Zimmer 348 sah aus, wie ein ganz normales Hotelzimmer. Mit einer Ausnahme: einem Toten, der auf einem bluttriefenden Bett lag. Die Todesursache war einfach. Man musste kein Experte sein, um das Loch im Kopf als den Umstand zu identifizieren, der das Ableben des Bankiers verursacht hatte.

„Morgen, Jungs!“ Devon winkte den Kollegen von der Spurensicherung.

„Morgen, Sarge!“ Maggies Stimme kam hinter der Tür hervor, gefolgt von ihrem roten Schopf. Maggie leitete das Spurensicherungsteam.

„Sorry, Süße. Hatte Dich nicht gesehen. Einen wundervollen Morgen auch Dir.“ Louis dachte einen Augenblick darüber nach, Devons Verlobter davon zu erzählen, dass er ständig Süßholz raspelte.

„Guten Morgen, Lou!“ Maggies Tonfall war ziemlich resolut. Aber sie lächelte. Louis hob ihr Kinn ein wenig an und gab Maggie einen Kuss auf den Mund. „Wusstest Du schon, dass Dein Devon gerne mit diesem Rotschopf von der Spurensicherung flirtet, liebste Margaret?“

Maggie zog gespielt die Augenbrauen hoch. „Gut, dass Du mir davon erzählst. Da wird sich heute Abend jemand warm anziehen müssen.“

„Also, was haben wir hier?“, unterbrach Devon.

Maggie sah auf ihre Notizen. „Edwin Thomas. 43 Jahre, Bankier aus New York. Wurde kurz nach fünf von einer Hotelangestellten gefunden. Lisa Redstone. Mr. Thomas wollte heute früh nach New York zurück. Hatte deshalb Frühstück beim Zimmerservice bestellt. Als Ms. Redstone klopfte und niemand antwortete, öffnete sie die Tür und fand den guten Edwin so, wie Ihr ihn seht. An das Bett gefesselt und mit einem Loch im Kopf.“

„Ihr habt ihn anhand seiner Anmeldung identifiziert?“ Lou kam sich bei der Frage selbst ein bisschen dämlich vor. Die Chancen standen schlecht, dass es einen Zeugen gab, der Mr. Thomas erkannt hätte. Außer einem Hotelmitarbeiter vielleicht.

Trotzdem antwortete Maggie: „Seine Anmeldung, sein Ausweis, sein Führerschein … Brauchst noch eine DNA-Probe, um seine Identität festzustellen?“

Sarkasmus am frühen Morgen war etwas, das Louis auch beherrschte. „Nein“, gab er deshalb zurück. „Aber fliegt seine Mutter ein. Und fragt sie bei der Gelegenheit nach ihrem Alibi.“

Maggie lachte. „Gut machen wir. Bis dahin könntet Ihr Euch mit den Dingen vertraut machen, die wir hier haben.“ Lou zog sich Handschuhe über und sah sich um. Auf dem Teppich waren Schuhabdrücke markiert. Ungefähr Größe 39 oder 40 mit dünnen Absätzen. Der Tote war halb sitzend mit Strümpfen an die Bettpfosten gefesselt. Direkt zwischen den Augen klaffte ein Loch. Die Kissen, die umher lagen waren in Ordnung. Voll Blut aber sonst war nichts an den Kissen. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Hotel wie dem Grand Central niemand einen Schuss hört, nähert sich null. Wenn ihn doch niemand hörte, hatte der Mörder vermutlich einen Schalldämpfer benutzt. Mr. Thomas war unbekleidet. Das und die Schuhabdrücke ließen den Schluss zu, dass hier etwas gelaufen war – oder zumindest laufen sollte – was Louis‘ Nachbar wohl als zutiefst unmoralisch betrachtet hätte.

„Man könnte denken, der Ärmste sei glücklich gestorben“, ließ sich der diensthabende Gerichtsmediziner vernehmen.

„Beim Sex den letzten Atemzug zu machen ist wohl die schönste Art, zu sterben“, brummt Devon. „Aber eine Kugel im Kopf würde mich wohl nicht glücklich machen. Ich habe mir Mr. Thomas Brieftasche angesehen. Kreditkarten, Bargeld – alles da. Ein Raubmotiv scheidet wohl aus.“

„Bleiben genug andere Motive. Eifersucht, Rache, vielleicht hatte unser Ed Dreck am Stecken und die Mafia hat einen Killer auf ihn gehetzt. Oder vielmehr eine Killerin. Befragst Du das Hotelpersonal?“

„Geht klar“, antwortete Devon und ging.

Lou wandte sich wieder dem Doc zu. „Wie lange ist Ed tot?“

„Ungefähr 4 Stunden. Die Todesursache ist klar. Ein Kopfschuss. Vorher hat ihn noch jemand ordentlich verprügelt. Schwellungen im Gesicht, diverse blaü Flecken. Ich kann Ihnen nach der Obduktion vielleicht mehr sagen.“

„Gut“, antwortete Louis.

***

Devon saß an der Hotelbar. „Haben Sie gestern Abend auch gearbeitet?“ fragte er den Barkeeper.

„Ja Sir. Habe ich irgendwas zu befürchten?“ Der Barkeeper sah müde aus. Er war wohl die „Nachtschicht“.

„Nein Sir“, antwortet Devon. „Ich habe nur ein paar Fragen an Sie. War dieser Mann“, Devon zeigt dem Barkeeper Mr. Thomas‘ Ausweisfoto, „gestern Abend an der Bar?“

Der Barkeeper sah auf das Foto und nickte. „Hat ein paar Drinks genommen. Whiskey. Den Guten aus Schottland.“

„Wie viel hat er getrunken?“ Devons Meinung nach dürfte das kaum eine Rolle spielen. Aber er musste die Frage stellen.

Der Barmann überlegte. „Drei oder vier. Zwischendurch ein Glas Wasser. Er wirkte nicht betrunken. Was ist mit dem Mann?“

„Er ist tot.“

„Mein Gott!“ Der Barkeeper riss die Augen auf und macht einen Schritt zurück.

Devon sah auf das Namensschild des Hotelangestellten. „Haben Sie irgendetwas Besonderes bemerkt, Charlie? Hat Mr. Thomas mit jemandem gesprochen? Ist er alleine von der Bar verschwunden?“

Charlie schüttelte leicht den Kopf. „Da war nichts. Er hat sich mit einer Frau unterhalten. War eine süße Schnecke. Hochgewachsen, schwarze Haare. Sie hatte einen Schönheitsfleck rechts über der Lippe. Die beiden haben ein wenig geflirtet. Er ist dann gegangen. Die Frau ging ungefähr 10, 15 Minuten später.“

„Ein Schönheitsfleck?“ Dieses Detail war wichtig. Den meisten wäre es wahrscheinlich nicht bewusst aufgefallen. Oder sie hätten es als nebensächlich betrachtet.

„Ein kleines Muttermal, ja“, bestätigte Charlie. „Ich bin sicher. Es fiel mir auf, als sie sich einen Martini bestellte. Sie hatte ein zuckersüßes Lächeln.“

„Wie groß schätzen Sie die Frau? Und wie alt?“

Charlie war unsicher. „Sie war ziemlich groß. Eins achtzig vielleicht. Anfang dreißig. Nicht übermäßig geschminkt. Sehr angenehmes Äußeres.“

„Können Sie sich erinnern, wann Mr. Thomas ging?“

„Gegen halb zwölf. In etwa. Ich habe kurz, nachdem er weg war, auf meine Uhr gesehen. Ich brauchte eine Pause. Als ich auf die Uhr sah, war es halb.“

Das reichte Devon fürs Erste. „Danke Charlie.“, sagte er und gab dem Barkeeper seine Karte. „Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich bitte an, ja?“

„Geht klar Sir.“ Charlie war erleichtert, dass die Fragestunde vorbei war. Er war müde und wollte nach Hause.

***

Devon erzählte Louis auf der Rückfahrt zum Revier vom Verhör des Barkeepers. „Also ist unsere Verdächtige eine ca. 1,80m große Schwarzhaarige. Ist nicht viel.“

„Aber ein Anfang. Ich gehe zum Doc, wenn wir zurück sind. Durchleuchte Du Mr. Thomas.“

„Immer willst Du den Spaß!“, murrte Devon. Aber er war besser darin, Menschen zu durchleuchten. Deshalb waren Lou und er als Team so erfolgreich. Jeder hatte seine Stärke. Sie ergänzten sich perfekt.

Devon saß an seinem Computer. Edwin Thomas schien Mr. Saubermann zu sein. Nicht einmal einen unbezahlten Strafzettel hatte er auf seinem Konto. Von etwas, wofür man ihn töten könnte, ganz zu schweigen. Die Tür ging auf, Lou kam ins Büro.

„Was sagt der Doktor?“, fragte Devon neugierig, obwohl er nicht viel Neues erwartete.

„Die Todesursache ist klar. Der Schuss war nicht aufgesetzt. Die Tatwaffe war eine .38er. Die Spurensicherung hat eine Hülse am Tatort gefunden. Keine Spuren, keine Fingerabdrücke. Die Kugel ist noch in der Ballistik.“

„Nicht aufgesetzt?“, unterbrach Devon seinen Partner. „Ich frage mich, warum keiner etwas gehört hat. Der Krach, den so eine Waffe macht, geht doch nicht im nächtlichen Trubel eines Hotels unter. Schalldämpfer?“

„Mitnichten, verehrter Dev. In der Wunde hat der gute Doktor Fasern gefunden. Und etwas Weißes. Ein Stück Daunenfeder, wenn Du es genau wissen willst. Die Killerin hat den Schuss mit einem Kissen gedämpft.“

Devon war verwirrt. „Die Kissen waren blutverschmiert aber ohne Schäden.“

„Würdest Du das Kissen vor Ort lassen? Sie hat es mitgenommen. Ich habe im Hotel angerufen. Die Schmutzwäsche ist noch nicht weg. Lass uns hinfahren, vielleicht ist Fortuna auf unserer Seite und wir kommen pünktlich nach Hause. In Edwins Blut klebte übrigens ein schwarzes Haar.“

„Das lässt die Frau von der Hotelbar immer mehr in den Fokus unseres Verdachts rücken.“ Devon hatte sich so etwas gedacht. Was sein Partner als Nächstes sagte, verdarb ihm die Laune aber gründlich.

„Das Haar ist nicht echt. Die Täterin trug eine Perücke.“

***

Devon und Louis wühlten eineinhalb Stunden in dreckiger Bettwäsche. Maggies Spurensicherungsteam unterstützte sie.

„Ich habe was!“, rief Maggie und hielt einen Kissenbezug mit einem Loch hoch. „Wir nehmen es mit und suchen nach DNA-Spuren.“

 

Lou versuchte sich, den Tathergang zusammenzureimen. Edwin Thomas sitzt an der Bar und trinkt etwas. Er flirtet mit einer tollen Frau, geht auf sein Zimmer. Die Frau geht kurz danach. Folgt ihm wahrscheinlich. Edwin lässt sie ins Zimmer, denkt, dass er sie vögeln kann. Sie geht scheinbar darauf ein, fesselt ihn mit ihren Strümpfen, prügelt wie irre auf ihn ein und bläst ihm den Kopf weg. Aber WARUM? Was ist das Motiv?

Devon kam auch nicht weiter, weshalb sich Louis noch einmal dem Computer zuwandte. Die offiziellen Datenbanken gaben nichts her. Vielleicht hatte Louis das Glück des Dummen, wenn er einfach die Internetsuchmaschine seines Vertrauens befragte.

„Treffer!“, murmelte er. Devon blickt auf. Im selben Moment klingelte sein Telefon.

„Detective Stanz“, sagte er leicht genervt in den Hörer.

„Spiel nicht den Genervten, Dev“, vernahm er Maggies Stimme. „Wir haben was für Dich.“

„Wir kommen runter“, antwortete Devon knapp, legte auf und bedeutete Louis, mitzukommen.

„Augenblick!“, sagte Lou und nahm ein Blatt Papier aus dem Drucker.

 

Sie hatte gerade die Tür zum Kriminallabor geöffnet, als Maggie ihnen mit einem Ausdruck winkte.

„Ihr habt die Mörderin identifiziert?“, fragte Devon.

„So ähnlich“, kam die Antwort von Devons geliebter Margaret. „Auf dem Bezug waren Hautschuppen. Die DNA war in keiner Datenbank. Aber eine verwandte Genstruktur schon.“

Louis nahm ihr die Überraschung. „Ann Mary Stapleton.“

Maggie zog die Brauen hoch und fragte verdutzt: „Woher zum Henker weißt Du das?“

„Das Internet ist eine tolle Sache“, gab Louis zurück. „Man findet die tollsten Sachen. Zum Beispiel drei Jahre alte Zeitungsartikel. Ann Mary wurde vor drei Jahren im Central Park in New York vergewaltigt. Ratet, wer der Hauptverdächtige war!“

„Edwin Thomas.“ Devon und Maggie mussten jahrelang geübt haben, „Devon Thomas“ zu sagen. Sie taten es nämlich perfekt im Chor.

„Richtig. Ann Mary kann nicht die Mörderin sein. Sie hat sich nach Mr. Thomas‘ Freispruch im Central Park erhängt. An der Stelle, an der sie vergewaltigt wurde. Den Unterlagen zufolge hat sie aber eine Schwester. Größe: 1,79m. Ich habe eine Fahndung nach ihr rausgegeben.“

Devon war das nicht genug. Er wollte nicht warten. Er wollte die Sache abschließen. „Lass uns noch mal zum Hotel fahren.“

***

Als Louis und Devon im Hotel ankamen, öffneten sich gerade die Fahrstuhltüren. Der Aufzug entließ 10 Menschen. Einen Anwalt um die 50. Ein älteres Pärchen. Eine Frau, die fast noch ein Mädchen war. Gut gekleidet offensichtlich reiche Eltern. Ein Ehepaar mit 3 Kindern. Und eine hochgewachsene Blondine. Die Detectives nickten den Leuten grüßend zu. Als die 10 Menschen an ihnen vorbei gelaufen waren, drehte sich Dev plötzlich um. Ihm war im Gesicht der Blondine etwas aufgefallen. Ein Muttermal rechts über dem Mund.

„Mrs. Stapleton?“, fragte er.

Clarice Stapleton drehte sich um, zog eine Pistole aus ihrem Mantel und schoss. Devon ging zu Boden. Lou warf sich auf den Boden. Clarice rannte davon. Lou sah zu seinem Partner, der sich die Schulter hielt und ihm zunickte.

Lou stand auf und zog seine Waffe. Er rannte hinter der Mörderin her. Sie war ziemlich fit, legte ein ordentliches Tempo vor.

„Stehen bleiben!“, rief Lou im Laufen. Mrs. Stapleton drehte sich um und zielte auf Louis. Der ging in Deckung. Wie durch ein Wunder verfehlte die Kugel nicht nur ihn, sondern traf auch sonst niemanden. Louis schob vorsichtig den Kopf aus der Deckung. Die blonde Frau zielte nicht mehr in seine Richtung. Sie hielt ihre Waffe einer anderen Frau an die Schläfe.

„Lassen Sie mich gehen!“ Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, drückte sie die Pistole etwas fester gegen den Kopf ihrer Geisel.

Louis konnte sie nicht einfach gehen lassen. Er zielte und rief:“Lassen Sie Ihre Waffen fallen Mrs. Stapleton!“.

„Nein!“, antwortete Clarice Stapleton. „Verschwinden Sie und lassen Sie mich gehen!“

„Lassen Sie Ihre Waffen fallen! Ich erschieße Sie, das ist Ihre letzte Chance!“

„Wissen Sie, was dieses Schwein Thomas getan hat? Dieses Schwein hat meine kleine Schwester ermordet!“

„Ihre Schwester nahm sich selbst das Leben, Mrs. Stapleton.“ Louis hoffte, die Situation auflösen zu können, ohne jemanden erschießen zu müssen. Er wollte Clarice in ein Gespräch verwickeln. Vielleicht gab sie im Laufe dessen auf.

„Er hat sie vergewaltigt. Er hat sie brutal zusammengeschlagen und vergewaltigt. Und vor Gericht hat er sich freigekauft! Deshalb hat sich meine Schwester umgebracht. Wegen diesem Schwein.“

„Und deshalb habe Sie ihn umgebracht?“

„Er hat bekommen, was er Ann Mary angetan hat. Mehr nicht.“

„Die gleichen Schläge“, ergänzte Louis. Er senkte die Waffe etwas, sah Ann Mary Stapletons Schwester direkt an. „Sie haben ihn angebaggert, sind ihm auf sein Zimmer gefolgt, als wollten Sie Sex mit ihm. Dann fesselten Sie ihn ans Bett und verpassten ihm die gleiche Prügel, die Ihre Schwester einstecken musste. Am Ende erschossen Sie ihn. Ihre Schwester ist seinetwegen tot. Deshalb musste er auch sterben.“

Clarice Stapletons Augen füllten sich mit Tränen. „Ja“, hauchte sie. Louis hatte sogar ein bisschen Mitleid.

„Bitte!“, rief er. „Bitte nehmen Sie die Waffe runter. Ich will Sie nicht erschießen müssen.“

„Nein!“ Clarice, immer noch mit Tränen in den Augen, straffte sich. Sie drückte ihre Waffe noch fester an den Kopf der Geisel. „Sie lassen mich gehen oder diese Schlampe hier stirbt!“

Louis hob wieder seine Waffe. Er drehte leicht den Kopf, als würde er Blickkontakt mit jemandem aufnehmen, der hinter Clarice stand. Seine Bewegung blieb nicht unbemerkt. Clarice drehte den Kopf und gab so etwas von ihrer Deckung Preis. Devons und Louis Erfolg als Team lag darin begründet, dass sie sich hervorragend ergänzten. Dev fand normalerweise alles Mögliche über Menschen und Dinge heraus. Lou war der mit der Kombinationsgabe. Und der bessere Schütze. Er drückte ab. Clarice Stapleton schrie auf und stürzte. Lou rannte zu der am Boden liegenden Frau, richtete die Waffe auf sie und schob mit dem Fuß Clarice‘ Pistole zur Seite.

„Sind Sie in Ordnung, Ms.?“, fragte er mit einem vorsichtigen Seitenblick auf die Geisel.

„Redstone“, antwortete die junge Frau. „Lisa Redstone. Es geht mir gut. Ist sie die Mörderin des Mannes aus 348?“

„Ja, das ist sie. Haben Sie keine Angst, Ms. Redstone. Es ist vorbei.“

***

Eine viertel Stunde später kamen zwei Krankenwagen. Devon hatte es nur an der Schulter erwischt. Er würde wohl zwei bis drei Wochen ausfallen. Mehr nicht. Louis hatte Clarice auch in die Schulter getroffen. Sie lag jetzt vermutlich im Krankenhaus und wurde rund um die Uhr bewacht, bis sie in ein Gefängnis verlegt werden konnte.

Louis hatte Glück. Er konnte pünktlich nach Hause. Jetzt stand er mitten in einer Meute von Metallica-Fans. Neben sich sah er eine junge Frau, die sich vergeblich bemühte, einen Blick auf die Bühne zu erhaschen. Als Polizist ist man Freund und Helfer. Und hübschen jungen Damen, die solo auf einem Konzert sind, hilft man erst recht. Also hob Lou die Frau hoch.

Als er sie wieder absetzte, erkannte er sie. Es war Lisa Redstone. Hotelangestellte im Grand Central. Am Nachmittag Opfer einer Geiselnahme. Lisa lächelte ihn dankend an.

„Jetzt haben Sie mir zum zweiten Mal geholfen. Und ich kenne nicht mal Ihren Namen.

„Cifer“, antwortete Louis. „Louis Cifer. Nennen Sie mich Lou.“